Madrisa Trail T54 Klosters, Schweiz 2023

12 Stunden, 43 Minuten und 49 Sekunden. Kann man so lange laufen? Und überhaupt Laufen? Ist das überhaupt Laufen oder nicht eher schnelles Gehen?

Das imposante Höhenprofil des Madrisa Trail T54

Beim Madrisa Trail T54 ist alles anders. Der Trail-Lauf in Klosters, das in der idyllischen Südost-Schweiz im Kanton Graubünden liegt, gilt als einer der anspruchsvollsten und herausfordernsten Trailrunning-Events überhaupt. Ist das überhaupt etwas für mich? Ich wohne im Flachland, trainiere zwar oft im Harz und in letzter Zeit in den Alpen, aber 54 Kilometer und 4.020 Höhenmeter (und natürlich 4.020 Meter bergab) sind ein absolutes Brett. Klar macht es mir Spaß, mit Höhenmetern zu laufen und auch in gewissem Maße technisches Terrain zu bewältigen. Aber gleich 4.020 Höhenmeter?


Wie alles begann

Gut, es passiert einfach. Ich mache bei einem Instagram-Gewinnspiel von Trampfelpfadlauf mit und gewinne einen Startplatz für die 54 KM. Es gibt auch 24 KM beim Madrisa Trail, aber ich habe nun mal die 54 „gewonnen“. Ich freue mich und schaue mir gleich die Höhenmeter an. Unvorstellbar – ist meine erste Reaktion. Einfach zu viele Steigungen und zum Schluss ein krasser Downhill, der mir sicher die Oberschenkel zerschießen wird. Ich melde mich mit meinem Gutschein-Code an und überlege, nach einer bestimmten Kilometerzahl auszusteigen. Eigentlich überhaupt nicht mein Ding. Aber es sollte ja nur ein Trainingslauf für den drei Wochen später beginnenden Transalpine Run sein, der an sieben Tagen über 268 Kilometer und 15.330 Höhenmeter von Österreich über die Schweiz nach Italien führt.


Das Briefing am Vor-Abend
Am Eingang zur Event-Fläche: Die Cut offs (Kontrollschlüsse) sind nicht zu übersehen!

Klosters, 18. August 2023, der Vor-Abend des Rennens. In der Klosters Arena – dem hiesigen Sportkomplex – findet ein gemütlicher Pasta-Plausch mit obligatorischem Renn-Briefing für alle statt, die die 54 Kilometer laufen. Es ist recht ruhig fällt mir auf. Rund 120 Läufer*innen sind für diesen Lauf gemeldet. Beat, der „Strecken-Chef“ wird vorgestellt. Er erläutert uns die Besonderheiten und den Anspruch der Strecke. „Es ist ein sehr anspruchsvoller Lauf, mit vielen technischen Raffinessen“, sagt er. Desweiteren spricht er von einer „wahren Challenge“. Ein besonders Augenmerk legt er auf die zu erreichenden Zeitlimits („Kontrollschlüsse“). Diese sind auch groß am Eingang zur Event-Fläche angeschlagen. Das wirkte auf mich nicht sonderlich inspirierend.

Entspannt am Vor-Abend

Der erste „Cut Off“ ist bei 19 Kilometern. Ursprünglich war für diesen Streckenteil mit ihren 1.608 Höhenmeter und 940 Metern im Abstieg als Maximum 3:30 Stunden veranschlagt. Durch Rückmeldung einiger Läufer*innen, denen das Zeitlimit wesentlich zu knapp erschien (dazu gehörte definitiv auch ich!!) wurde die Startzeit um eine halbe Stunden nach vorne verlegt, die Uhrzeiten für die Limits allerdings gleichgelassen So gibt es bei jeder Zeitmessung 30 Minuten mehr für die Läufer*innen. Also für die 19,10 Kilometer demzufolge 4:05 Stunden. Das schien mir eher machbar. Das zweite Zeitlimit bei Kilometer 33,40 und 2.695 Höhenmetern und 2.080 Metern im Downhill liegt jetzt bei 6:45 Stunden. Streckenchef Beat weisst darauf hin, dass es Shuttle-„Busse“ für alle gebe, die das Limit nicht schaffen. Naja…. Fallen da wirklich so viele durch? Er argumentiert, dass es ansonsten – bedingt durch den nächsten sehr steilen Anstieg – zu spät würde. Ich finde es auch sehr knapp bemessen und beginne zu rechnen. Dass mich das Rechnen auch am Race-Day nicht loslassen wird, ahne ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Es sei eben ein „sportlicher Lauf“, bei dem man zwar die Aussicht genießen, aber vor allem Laufen – also Leistung zeigen solle. Nun gut. Innerlich schließe ich den Lauf bei KM19, spätestens bei KM33 ab. KM19 fände ich ärgerlich, da ich den weiten Weg nach Klosters gefahren bin und zudem die Woche über mich geschont und getapert hatte. Bei KM33 hätte ich wenigstens einen langen Lauf gemacht. Das restliche Briefing verfolge ich eher unkonzentriert, so sehr beschäftigen mich die in meinen Augen sehr knapp bemessenen Zeitlimits.

Am Abend packe ich meinen Rucksack mit Verpflegung. Soll ich nun nur Verpflegung bis KM33 mitnehmen? Was ist, wenn ich es doch schaffe? Dann gibt es doch auch noch die Verpflegungspunkte (VPs). Ich packe für die gesamten 54 Kilometer. Das Wetter soll mit 28 Grad im Tal und mindestens 20 Grad auf den Bergen warm werden. Eigentlich genau mein Wetter.

Die Nacht wird unruhig. Für 4 Uhr habe ich mir den Wecker gestellt. Um 4:45 Uhr gehe ich los. Mein Mann begleitet mich, wofür ich ihm extrem dankbar bin.


Ein langer (Lauf-)Tag beginnt
Frühstart um 5:30 Uhr
Fotocredits: MTK / Sportograf

Klosters Arena, 19. August um 5:00 Uhr morgens. Aufgeregte Läufer*innen-Gestalten mit Stirnlampen tummeln sich um die Arena. Antreten zum obligatorischen Rucksack-Check. Was mache ich hier eigentlich? Ein so früher Start ist gar nicht mein Ding. Normalerweise laufe ich nie vor mittags. Aber gut, jetzt bin ich einmal aufgestanden. Mit dem Startschuss um 5:30 Uhr setzt sich die Läufer*innen-Schar in Bewegung. Ein fast gespenstisches Bild, das sich da am Fluss entlang schlängelnt. Dunkel ist es, vor allem als es dann in den Wald geht. Wurzel um Wurzel heißt es zu überlaufen. Mit Stirnlampe bin ich das letzte Mal bei der Brocken Challenge im Februar gelaufen. Jetzt bloß nicht auf den ersten Metern stolpern, zumal mein linker Knöchel immer noch etwas lädiert ist. Ich laufe und laufe durch die Dunkelheit. Schon naht die Hängebrücke in Klosters. Ein besonderes Erlebnis, dort mit mehreren Läufer*innen drüber zu laufen. Einen Moment denke ich, dass die stark wackelnde Brücke einstürzt. Schon bin ich drüberweg.


Der erste Uphill wartet. Ich beginne das erste Mal zu rechnen. Eigentlich läuft es bisher ganz gut. Ich habe mit dem Uphill eine Durchschnitts-Pace von ca. 7. Mal sehen, wie sich die Strecke entwickelt. Ich laufe und laufe. Kurz vor KM 15 beginne ich wieder zu rechnen. Eigentlich müsste es zum ersten Cut off reichen. Und es reicht: Ich überquere mit 3 Stunden und 24 Minuten die Zeitmessmatte an der Saaser Alp. Rund 41 Minuten schneller als der Cut off. Yeah, geschafft. Nun wird es wenigstens ein langer Lauf. Ich freue mich wahnsinnig und verschnaufe etwas. Die Anspannung weicht von mir.


Erster Cut off geschafft!

Nun heißt es 14 Kilometer und über 1.000 Höhenmeter genauso „sportlich“ wie im Briefing vorgegeben zu bewältigen. Es ist zäh, der Uphill gestaltet sich schwierig, der Downhill sehr technisch. Ich verliere merklich an Zeit. Irgendwie gebe ich mich aber mit einem „DNF“ bei KM33 nicht zufrieden. Ich will an diesem Tag mehr. Ich ziehe das Tempo etwas an. Achte aber trotzdem darauf, gewohnt sicher und stabil zu laufen. Technisches Trailrunning ist nach wie vor nicht meine wirkliche Stärke, obwohl ich es gerne – vor allem wegen der Abwechslung – mache. Auch achte ich sehr auf meinen linken Knöchel, den ich mir vor rund fünf Wochen verstaucht hatte. Nicht beim Laufen, aber beim Fotografieren. Es ärgert mich noch heute. Ändert jetzt allerdings nichts.

Ich komme an eine der vielen Kuh-Weiden. Die Kühe stehen auf dem Weg. Ich habe hier schon Respekt. Eine Helferin hält die Weidetiere in Schacht und zeigt mir einen Weg durch die Herde. Herrlich, wofür hier alles gesorgt wird. Eine andere Helferin hält mir das Kuhgatter auf. Toll! Auch Wasser wird angeboten.


Schaffe ich auch den 2. Cut off?

Es ist ist 11:40 Uhr. Ich habe noch ca. 2 Kilometer vor mir. So genau weiß ich es nicht bzw. weiß man nie, wo genau die VPs und damit auch die Zeitmessung ist. Ich rechne wieder. Theoretisch habe ich 35 Minuten für 2 Kilometer Zeit. Es sollte also reichen. Also – je nachdem wie die Strecke eben ist. Bei einem technischen Up- oder Downhill können bei mir auch mal locker 20 Minuten pro Kilometer auf der Uhr stehen. Ich sehe einen breiten Forstweg und der geht bergab. Yeah, das ist genau meine Stärke. Ich gebe Gas und sehe in einiger Entfernung eine Alm. Das muss der VP sein. Und ja, er ist es. Wiederrum extrem freudig hüpfe ich – fast mit einem Sprung – über die Zeitmessmatte. Am VP „Gafia“ wird Musik gespielt. Beat, der Streckenchef ist auch da und fragt mich wie es mir geht. Ja, alles klar! Ich freue mich. Es wird also ein langer Langer Lauf heute. Auf diesen persönlichen Triumph gibt es erstmal einen einen Becher Cola. Nichts schmeckt einfach bei einem (nun auch für mich) Ultra besser als Cola.

Ich laufe aus dem VP raus. Nun auch etwas gechillter. Es geht weiter. Wie sagte noch der Streckenchef „es wartet ein höchst anstrengender Uphill“. Also weiter. Ich freue mich erstmal gewaltig und will „das Ding“ auch zu Ende bringen nun. Also am finishen habe ich keine Zweifel, nur mal wieder am Zeitlimit bei KM 46,5. Aber daran möchte ich noch gar nicht denken. Erstmal genießen. Zu Beginn des Uphills sehe ich André am Rand sitzen. Ich frage ihn, ob alles ok sei. „Ja klar“, sagt der Kölner. „Ich nutzte noch mal einen Moment Schatten. Wir haben ja jetzt etwas Puffer.“ Recht hat er. Es wird ein sehr zäher, langer Berganstieg in der prallen Mittagssonne. Eigentlich macht es mir nichts aus. Auch heute scheine ich weniger zu leiden als andere. Ich bin zwar auch wesentlich langsamer aber ich mag das helle Sonnenlicht. Am Rand bemerke ich immer mehr Mitläufer*innen, die Schatten an Felsen oder die Kühle in Bächen suchen. Ich verzichte auf derartige Abkühlungen. Bei einem Halbmarathon in Hamburg, bei dem es über 35 Grad heiß war, ist mir das einst ständige Abkühlen und damit auch das Verlangen nach mehr Kühlung fast zum Verhängnis geworden. Jeder Körper ist anders. Ich fülle meine Flask mit Quellwasser auf. Dies soll in der Südost-Schweiz das reinste Wasser und total keimfrei sein. Wurde mir mehrfach bestätigt. Und es schmeckt extrem gut und kühlt ungemein.


Der Berg, der niemals enden möchte

Der Berg zieht und zieht sich. Es geht immer weiter und immer höher. Wenn ich denke, dass es nun der Gipfel erreicht sein sollte, gibt es noch eine weitere Kuppe, an der ich in der Ferne Läufer*innen kraxeln sehe. Die Zeit vergeht und vergeht. Ich merke es gar nicht. Irgendwie genieße ich es total. Einfach eine unglaublich tolle Umgebung mit grandiosen Mitläufer*innen.

Irgendwann scheint der Gipfel erreicht zu sein und es erstreckt sich eine ganze Gipfelkette in der Ferne. Einfach ein grandioser Ausblick. Ich bin zuhöchst fasziniert von dieser einmaligen Alpen-Welt. Ich kraxele über Felsen, schaue mich oft um. Genießen möchte ich schließlich auch. Die Welt ist schön und auch so friedlich hier oben. Es geht leicht bergab. Endlich einmal ein paar Körner sparen. Nicht so wirklich, da der Downhill extrem technisch und für mich kaum laufbar ist. Mitten im nirgendwo sitzt ein Helfer, der Wasser anbietet. Welch ein Geschenk! Ich fülle abermals meine Flask. Es ist schön, hier auch „normale“ Wanderer zu treffen. Eine Damen-Gruppe fragt mich, ob wir die „mit dem Pfeil“ sind. Ich bejahe dies und denke mir leise, vielleicht sind wir auch die „mit dem Schuss“. Aber gut…Auf sehr felsigem Untergrund begegne ich einer weiteren Wanderin. Sie scheint jenseits der 70 zu sein. Topfit steht sie in ihren Wanderschuhen und mit Trekkingstöcken. Sie genießt die Aussicht. Richtig so. Hier oben streifen wir ständig die Grenze zwischen Österreich und der Schweiz. Einfach faszinierend wie hier diese beiden Länder einfach ineinander übergehen.


Der Gipfel in der Mondlandschaft
Fotocredit: MTK

Endlich ist bei KM 41,7 Rätschenhorn der nächste VP erreicht. Diesmal keine Zeitmessung (gut..), dafür aber auch keine Cola mehr. Darauf hatte ich mich die letzten Kilometer intensivst gefreut. Egal. Ich komme ins Gespräch. Wann ist eigentlich die nächste Zeitmessung? Die Meinungen gehen auseinander. Um 17h, 17:15h oder 17:30h und vor allem bei welchem KM? Eine Läuferin meint, dass wir nur kurz über den nächsten Gipfel müssten und der nächste VP und damit die Zeitmessung in 2 bis 3 Kilometern erreicht sei. Wir werden sehen. Das „nur kurz über den nächsten Gipfel“ stellt sich als doch etwas langwieriger heraus. Vor mir erstreckt sich ein sehr felsiger Anstieg. Felsen um Felsen gilt es hier zu bewältigen. Wie eine Mondlandschaft. Eigentlich total grandios und mindestens wert für ein Foto. Danach ist mir gerade nicht. Ohne meiner auf Ultras heißgeliebten Cola und nach Marathon-Distanz bin ich etwas „sparsam“ mit allem. Und überhaupt – irgendwie bin ich etwas schwach und weiß nicht genau, ob ich haluziniere. Aber ich sehe nicht – wie vielfach von Ultraläufern*innen gehört – komische Gestalten oder Personen wie Elvis Presley vor mir. Nun ich gehe einfach sicherheitshalber einmal die wichtigsten Daten zu meiner Person durch. Wie heiße ich, wie alt bin ich, wo wohne ich und was mache ich hier? Bei der letzten Frage werde ich stutzig. Ich möchte nicht drüber nachdenken und schiebe mir einen Energieriegel rein. Schon geht es wieder und alles läuft normal… Welch‘ Glück.. Die „Mondlandschaft“ nimmt scheinbar kein Ende. Ich entdecke einen weiteren Anstieg, bei dem ich weit in der Ferne Läufer*innen sehe. Mit „nur kurz“ wird es hier wohl nichts. Nach einer gefühlten Ewigkeit ist nun der Gipfel erreicht. Es ist das Rätschenhorn mit 2.703 Metern. Ein freundlicher Helfer erkundigt sich auch hier nach dem Befinden. Einfach nur Wahnsinn, wo sich hier überall Helfer*innen um die Läufer*innen kümmern. Immer freundlich und immer mit einem Lächeln im Gesicht. Es gehe jetzt fast nur noch runter. Wer es glaubt?!? Es geht runter, aber über Felsen. Sehr technisch nennt man das wohl. Ich komme langsam voran und habe Sorge, gerade mit meinem lädierten linken Knöchel umzuknicken.

Der Gipfel – das Rätschenhorn, Fotocredit: MTK / Stephan Hugenschmidt

Just in time an der Saaser Alp oder doch nicht?

Wie war das noch einmal mit dem Zeitlimit an der Saaser Alp. Ich treffe André wieder. Er meint, dass es 17:20h wäre und wir genug Zeit hätten. We will see. Der Downhill ist nach wie vor sehr anspruchsvoll für mich. Ich laufe mit angezogener Handbremse. So langsam sind meine Knochen müde, verletzten möchte ich mich nun wirklich nicht. Der Trail wird „laufbarer“. Ich habe das Gefühl, wieder mehr Strecke zu machen. Es ist einfach wunderschön hier und ich genieße für einen Moment die Aussicht. In der Ferne entdecke ich die Saaser Alp, die ich ja schon von KM19 kenne. Und damit auch die lang ersehnte Zeitmessung. Das muss doch jetzt einfach reichen. Ich erreiche die Zeitmessmatte um 16:58h, rund 20 Minuten vor dem Cut off. Leider verpasse ich meinen Mann, der extra mit der Seilbahn zu mir hoch gefahren ist – um blöde 3 Minuten bzw. 500 Meter. Er musste die letzte Seilbahn bergab noch erwischen. Sehr schade. Vor dem VP an der Saaser Alp werden die Kühe eingetrieben. Ich gönnen mir zwei Becher Cola. Einfach nur zu gut. Dann laufe ich über die Zeitmessmatte. Auch bei KM 46,5 habe ich das Zeitlimit erreicht. Ich kann es nicht fassen. Einfach nur irre.


Einfach nur steil

Jetzt sind es nur noch rund 8 Kilometer bis ins Ziel. Auf 5,5 Kilometern geht es rund 800 Meter bergab. Sehr steil. Der Weg ist anfangs gut. Sehr gut für mich laufbar, aber extrem steil. Ich schaue herunter – Klosters erscheint immer noch im extremen Tal weit unten. Es geht weiter, einfach weiter. So langsam schmerzen meine vorderen Oberschenkel. Auch kein Wunder bei Gesamt 4.020 negativen Höhenmetern. Auf dem letzten Kilometer Richtung Klosters Dorf eröffnet sich ein extrem steiler wurzeliger Downhill. Ich stöhne genervt auf. „Das muss doch nicht sein“, rufe ich laut. André läuft neben mir und lacht. „Hab ich heute auch oft gesagt.“ Weiter geht es, bis endlich Klosters Dorf erreicht ist. Bei KM 52 gibt es einen weiteren VP und eine Zeitmessung. Erfrischungen mit Wasserschwämmen etc. werden hier angeboten. Ich wundere mich. Es sind doch nur noch 2 Kilometer bis ins Ziel. Diese sollten ja auch keine großartigen Steigungen mehr haben. Es geht am Klosters Bahnhof vorbei, in Richtung eines asphaltieren Weges in der prallen Sonne. Meine Uhr zeigt noch 1,86 Kilometer geradeaus an. Ich fluche. Das kann doch nicht sein. Am Ende noch so eine stupide, monotone Strecke. Der Streckenchef hatte wohl im Briefing erwähnt, dass alle Läufer*innen ihn auf den letzten zwei Kilometern verfluchen würden. Recht hat er.


Das Finish

Endlich darf ich abbiegen. Ein Helfer ruft mir zu „nur noch 800 Meter“. Ich bin glücklich. Kurz am Fluss entlang und schon entdecke ich die Klosters Arena. Ich beglückwünsche und klatsche einen anderen mir entgegenkommenden Finisher ab. Mir steigen Tränen in die Augen. Es ist so irre.

Ein Kölner und ein Schweizer vereint mit Kölsch..:-)

Mein Name wird vom Moderator Alain gerufen. Dazu spielt er einen meiner absoluten Lieblingssongs „Sweet Caroline“. Da hat er absolut den richtigen Griff gehabt!! Zu diesem Song habe ich schon das eine oder andere alkoholische Getränk konsumiert und getanzt. Heute tanze ich ganz anders. Nämlich ins Ziel. Ich biege um die Ecke und sehe meinen Mann. Einfach nur schön. Ich laufe ins Ziel ein. Welch‘ Gefühl, ich kann es einfach nicht fassen. Ich habe 54 Kilometer mit 4.020 Höhenmetern auf einem der anspruchsvollsten technischsten Trailläufe überhaupt geschafft. Ich habe alle Zeitlimits geknackt! Alain hängt mir die Medaille um, einfach nur toll. Im Ziel klatsche ich meine „Mitläufer*innen“ der letzten Stunden, eigentlich der letzten 12 Stunden, 43 Minuten und 49 Sekunden ab. Wir freuen uns alle. Der Kölner André feiert mit einer Flasche Kölsch aus seiner Heimat, die Moderator Alain ihm als Überraschung im Ziel überreicht hatte. Einfach toll diese Trailrunning Community. Danke an alle für dieses einmalige und eigentlich für mich undenkbare Erlebnis. Was lerne ich mal wieder draus – einfach mal machen, durchziehen, kann einfach nur gut werden.

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