Zugspitz Ultratrail 2022

Zugspitz Ultratrail – Basetrail XL:

50km, 1.660 Höhenmeter + 2.070 „negative“ Höhenmeter

Der Zugspitz Ultratrail (ZUT) ist das größte Trailrunning-Event in Deutschland. In 2022 gab es Streckenlängen zwischen 24KM (610 Höhenmeter, als „Basetrail“) und 108KM (5.120 Höhenmeter, als „Ultratrail“). Der Start war je nach Strecke in Garmisch-Partenkirchen, Ehrwald, Weidach oder Mittenwald. Ziel war für alle Garmisch-Partenkirchen. Dazwischen gab es für alle Läufer*innen schönstes Alpen-Panorama mit vielen Höhenmetern, bergauf und bergab. Ich hatte mich für den Basetrail XL mit 50 Kilometern sowie 1.660 Höhenmeter und 2.070 „negative“Höhenmetern entschieden.

Mein persönlicher Rennbericht

Eigentlich war das ja nicht geplant. Oder eigentlich doch, aber vor zwei Jahren und „nur“ mit 39km. Aber es kam ja alles anders: Corona, ich beginne mit Ultralaufen und schließlich Ultra mit Höhe.

Der Start in Weidach/ Leutasch

Nun stehe ich dort in Österreich, in Weidach/ Leutasch am 16. Juli 2022 morgens. Ein letztes Mal wird die Pflichtausrüstung gecheckt. Was ich jetzt vergessen habe, kann ich eh nicht mehr holen. Meine Sachen sind am Ziel, in Garmisch-Partenkirchen. Es ist ein schöner sonniger Morgen und es soll warm werden. So mag ich es. Regenjacke, langes Oberteil, lange Hose, Handschuhe, Mütze, 1. Hilfe – alles da für die geforderte Pflichtausrüstung. Werd ich alles nicht brauchen, wie sich herausstellen wird. Welch Glück! Schnell noch eine Banane und einen Vollgas-Riegel rein. Mein bekanntes Ritual vor langen Läufen und Wettkämpfen.


Es geht los…

Kurz vor 9 Uhr die Hymne „Highway to Hell“. I love it. Pünktlich setzt sich der Tross aus rund 900 gleichgesinnten „verrückten“ Läufer*innen in Bewegung. Die ersten drei Kilometer gefallen mir: Gemütliches Einlaufen ohne viel Steigung. Ich habe mich im Mittelfeld platziert. Schau’n wir einfach mal. Erfahrung mit Bergläufen habe ich auf Grund meiner Herkunft und meines jetzigen Wohnortes nicht wirklich viel.

Rauf auf 2.048m Höhe

Ab KM 4 beginnt es steiler zu werden. Es geht aufs Scharnitzjoch in 2.048m Höhe. Gestartet sind wir auf 1.110m. Auf 4 Kilometer werden es 800 Höhenmeter. Schwer vorstellbar, vor allem für eine Flachländerin. Der Weg hinauf ist zuerst dunkel, im Wald. Es wird anstrengend. Gut, sind „nur“ noch 4,5km bis oben. Auch diese können lang sein. Sind sie anfangs auch. Aber es ist auch immer eine Sache der Perspektive. Diese ändert sich bald. Vom dunkleren Wald geht die Strecke auf ein Postkarten-Idyll, dem Werbeplakat für Berg-Läufe und -Wanderungen: ein schmaler, teils felsiger Weg durch grüne Wiesen, an grasenden Kühen vorbei. Wir marschieren einträchtig hintereinander, an Laufen ist nicht zu denken. An Überholen auch nicht. Es ist ein Traum. Ich vergesse die Anstrengung durch die Höhenmeter. Auch die Traube an Läufer*innen, die schon sehr viel weiter oben sind und viel mehr geschafft haben, schreckt mich nicht. Hoffentlich ist es da nicht zu Ende, denke ich sogar. Es ist einfach ein Traum, der Traum des Laufes in den Bergen. Ich genieße jede Sekunde und merke die 920 Höhenmeter kaum. Irgendwann erwache ich aus meinem Traum und der Gipfel ist erreicht. Yeah, welch‘ Aussicht und alles selbst erlaufen, äh ergangen. Ich genieße es einen Moment und halte inne.


.. und wieder bergab

Jetzt geht es nur noch bergab, 930 negative Höhenmeter. Eigentlich mag ich „Bergab-Laufen“, zumindest auf Asphalt und breiten Wegen. Hier ist es anders. Es ist steil, der Weg ist sehr felsig und steinig. Ich bleibe oft hängen, stolpere. Schließlich nehme ich die Stöcke wieder zur Hilfe. Unsicherheit macht sich breit, ich eiere herum. Klar, ich konnte diese Art des Downhills nicht trainieren. Wo auch in meiner Umgebung. Selbst der Harz bietet hier nur ein begrenztes Trainingsterrain. Aber ich wusste es ja vorher, deshalb sollte ich mich nicht beschweren. Weiter geht es. Mit jedem weiteren Stolperer werde ich unsicherer. Bergab ist natürlich auch eine Sache des Selbstbewusstseins. Daran fehlt es mir. Die Aussicht ist nach wie vor schön. Dafür habe ich kaum einen Blick, muss mich auf jeden Schritt konzentrieren. Aber irgendwann bin ich unten.

Endlich laufen..

Der Verpflegungspunkt (VP) Leutascher Ache ist erreicht. Cut off ist hier bei 4:15Std. Ich hatte Sorge vorher, dies nicht zu schaffen. Auf meiner Uhr stehen 2:47Std. Yeah, passt. Ab jetzt kann nix mehr schiefgehen, denke ich. Getränke auffüllen und weiter geht es. Die nächsten 12km sind mein Ding bzw. bekanntes Terrain. Es geht immer am Fluss, der Leutascher Ache entlang, auf einem breiten Wanderweg. Einige Mitläufer*innen finden es langweilig. Ich genieße es und komme in einen schönen Laufflow. Endlich laufen. Was sagen meine Beine eigentlich zu den 920m uphill und 930m downhill? Scheint in Ordnung, je länger ich im „flow“ laufe, desto besser fühlt sich mein „Gestell“ an.

Bei KM27 ist Mittenwald erreicht. Ich sehe meinen Mann. Einfach nur schön, dass er da ist und mich so supportet!!! „Ihr seht alle noch gut und fit aus“, meint er. Gut zu hören. Es sind ja nur noch knapp 23km, also etwas mehr als ein Halbmarathon. Laut Streckenprofil soll die Strecke „nur“ noch wellig verlaufen. Machbar, denke ich.


Das „Genervtsein“ beginnt

Direkt hinter dem VP am Schützenhaus Mittenwald geht es durch einen Wald, leicht bergauf. Ein eigentlich schöner Weg, mit vielen Wurzeln und leicht uneben. So möchte man es als Trailläufer*in haben. Mit Laufstöcken, ja oder nein. Ein Thema, das mich bis ins Ziel beschäftigen wird. Es kann auch unter „mangelhaftes Laufstock-Management“ zusammengefasst werden. Es geht am Ferchensee vorbei. Schön hier. Ein Sprung ins kalte Wasser – das wäre es jetzt. Eigentlich ist dieser Lauf doch schon genug „Sprung ins kalte Wasser“ für mich. Weiter geht es – über einige nicht wirklich spektakuläre „Wald-Autobahnen“. Ich laufe mit einer Gruppe von Läufern. „Wir haben wohl alle den gleichen Trainingsplan gehabt“, meint ein Mitläufer. Kann sein. Irgendwann bin ich genervt, so zwischen Kilometer 30 und 35. Eigentlich habe ich meine „Tiefs“, sofern ich wirklich welche habe, um KM 25 herum. Heute halt später. Es ist auch kein Tief, es ist einfach reines „Genervtsein“. Über die teils monotone Strecke, mein mangelhaftes Laufstock-Management (rein in den Laufrucksack, dann wieder raus..), Unkonzentriertheit (äußert sich in einigen total vermeidbaren Stolperern), Unsicherheit über die Art der Nahrungsaufnahme (Gels, Smoothies, Riegel, Gums oder was?).

Schloss Elmau

Bis zum nächsten VP Schloss Elmau kämpfe ich mich durch. Ein steiler Pfad öffnet den Weg dorthin. Ein Mitläufer bietet mir seine Stöcke an. Meine sind wieder mal im Rucksack gelandet. Ich finde es schwer, hier zu entscheiden. Ich laufe lieber „händefrei“, hab dann allerdings das Gewicht auf dem Rücken und muss die Stöcke bei Bedarf erst rauskramen. Endgültig entscheide ich mich nun, die Laufstöcke bis zum Ziel nun in den Händen zu halten. Das ständige hin und her nervt. Kann ich nicht gebrauchen. Zudem werden Rücken und Schultern entlastet. Die Laufstöcke sind ja schön faltbar, wenn ich sie nicht akut benutzte, halte ich sie halt verkürzt in den Händen. Auch so kann ich einigermaßen gut laufen. Alles eine Sache der Erfahrung. Diese fehlt mir eben noch bei dieser Art des Trailrunnings. Elmau – ach, wo ist eigentlich das Schloss? Hab ich wohl verpasst.

Der Marathon ist erreicht..

Es geht wieder bergauf, beim VP Eckbauer sind es 1.650 Höhenmeter. Es ist anstrengend, aber eben auch schon Marathon-Distanz erreicht. Die letzten acht Kilometer schaffst du locker, sage ich mir. Ist ja „nur“ meine normale Hausrunde. Die mag ich so sehr. Also auf. Einfacher gesagt als getan. Mir fehlt Energie. Beim Gedanken ans Essen wird mir schlecht. Was nun tun? Ich entscheide mich für das „kleinste Übel“: Das Power-Gel von dem alle so schwärmen. Ich nehme die Version mit Koffein. Wirkt es? Erst wird mir schlecht. Mein Kopf sagt mir, dass ich das Gel jetzt bei mir behalten muss, um ins Ziel zu kommen. Das wirkt, es geht mir besser. Beim VP Eckbauer gibt es noch etwas Banane und ein Stück Schokoriegel vom Veranstalter. Nicht mein Ding, Sachen bei einem solchen Lauf neu auszuprobieren. Normalerweise vertraue ich komplett meiner eigenen Ernährung. Es ist alles gutgegangen. Ich habe wieder Power.

Da waren ja noch 8 KM bis ins Ziel…

Die letzten acht Kilometer werden mit etwas über 100 Höhenmetern und 520 Metern bergab angegeben. Ja dann mal los. Es geht in der Tat bergab. Allerdings sehr steil. Durch das trockene Geröll rutsche ich viel. Ich gehe auf Nummer sicher und reduziere das Tempo. Jetzt will ich nicht stürzen. Safety first. Ich möchte schließlich auch noch morgen gesund und munter laufen können. Manchmal gehe ich jetzt auch. Und wieder bin ich genervt. Warum laufe ich nicht einfach? Ein letzter Abstieg nach Garmisch. Dieser ist steil. So etwas steiles bin ich noch nicht gelaufen. Auf Asphalt. Ist halt so. An der Bahnstrecke hinein in das Zentrum. Ich leiste mir noch einen schönen Stolperer auf der Treppe zur Überführung. Das wäre es jetzt noch gewesen. 300 Meter vor dem Ziel. Es geht alles gut.

Das Ziel in Garmisch

Ich genieße den Zieleinlauf. Etwas wuselig, aber schön mit vielen jubelnden Menschen. Jeder Meter macht hier Spaß, ein Fest der tollen und sehr besonderen Trailrunning-Community. Ich bin im Ziel. Mein zweiter Ultra und mein erster richtiger Berg-Traillauf (zumindest in nennenswerter Distanz). Ich bin gllücklich!

Fazit: Ein schöner Berglauf in toller Trail-Atmosphäre mit bekannten Gesichtern! Und die Erkenntnis: Ich muss Downhill üben.. Fragt sich nur wo – bei mir im Flachland? An den Zwischenständen und der Platzierung lassen sich meine Stärken und Schwächen ablesen. Nach dem starken Auf- und Abstieg konnte ich auf der geraden Flußstrecke rund 30 Plätze gutmachen. Letztlich bin ich in rund 7 Stunden 40 Minuten auf Platz 17. der Master Women-Wertung gelandet. Die Flachländerinnen-Wertung würde mich noch interessieren….:-)

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